Der Jordan Treff – ein Dienst im Geiste Bruder Jordans

Gibt es an Ihrem Wohnort auch Menschen, die auf der Straße leben? Menschen, die betteln oder die Papierkörbe nach Brauchbarem durchsuchen? Menschen, die Ihnen nicht ganz geheuer scheinen, um die Sie einen Bogen machen, um nicht belästigt zu werden?

Auch hier in Dortmund, im Umfeld des Franziskanerklosters gibt es solche Menschen. Schon zu Bruder Jordans Lebzeiten kamen Bittende an die Klosterpforte, um nach Nahrung zu fragen oder um ihre Sorgen loszuwerden. Bruder Jordan hörte zu, half mit Lebensmitteln und versprach, für die Menschen und deren Anliegen zu beten. Den Brüdern an der Dortmunder Klosterpforte war es stets ein Ziel, Namen und Geist Bruder Jordans durch diesen Dienst lebendig zu halten. So entwickelte sich in Zeiten wachsender Not das Obdachlosenfrühstück, zu dem an jedem Werktag 50 bis 70 Menschen aller Altersgruppen kamen. Sie standen Schlange vor der Klosterpforte, um ein Frühstück in Empfang zu nehmen.

Anfang 2012 wurden für die obdachlosen und bedürftigen Frühstücks-Gäste im Tiefparterre des Klosters eigene, neue Räume geschaffen, in denen sie sich – geschützt vor Regen und Kälte – aufhalten können. Dieser „Jordan Treff“ – der Name in Erinnerung an Jordan Mai – ist an jedem Werktag von 9 bis 10 Uhr geöffnet; alle Gäste sind willkommen und werden nicht gefragt, ob sie wirklich obdachlos oder bedürftig sind. Jeder bekommt ein Frühstück, das abwechselnd von 30 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zubereitet wird. Die Ehrenamtlichen arbeiten mit großem Engagement und mit wacher Aufmerksamkeit: Sie hören zu, versuchen zu verstehen, bei Fragen und in Sorgen zu beraten oder Hilfe zu vermitteln.

Einmal im Monat – jeweils am letzten Freitag – ist das Café des Jordan Treffs ein besonderer Anziehungspunkt. 80 bis 100 bedürftige Personen sind dann zu Gast bei Kaffee, selbstgebackenen Kuchen und Torten und einem kleinen Abendimbiss. Die Atmosphäre dieser Nachmittage bietet die Chance zu Gesprächen und neuen Kontakten.

Interviews

Was machen Sie im Jordan Treff?
Meine Rente ist derart klein, dass ich mir morgens hier ein leckeres Frühstück hole, was ich zuhause wohl nicht so hätte.

Wie haben Sie den Jordan Treff kennengelernt und was bedeutet er Ihnen?
Den Jordan Treff habe ich kennengelernt über einen entfernten Bekannten. Hier ist auch Zeit, um Leute zu treffen und zu reden.

„Liebe Deinen Nächsten, wie Dich selbst“ – was fällt Ihnen zu diesem Satz ein?
Als ehemaliger katholischer Ministrant fällt mir das nicht schwer, meinen Nächsten zu lieben. Wer Gott nicht liebt, liebt auch seinen Nächsten nicht.

Welchen Satz würden Sie gerne einmal hören, den jemand zu Ihnen sagt?
„Schön, dass du hier bist.“

Was machen Sie im Jordan Treff?
Ich such den Jordan Treff auf aufgrund der Begegnungsmöglichkeiten, gleichzeitig auch, um nette Leute kennenzulernen und zu schauen, wen man sonst alles noch so treffen kann.

Wie haben Sie den Jordan Treff kennengelernt und was bedeutet er Ihnen?
Ich bin hier in der Franziskaner-Gemeinde und darüber habe ich dann natürlich auch den Jordan Treff kennengelernt. Neben dem Frühstück ist hier auch ein Ort der Begegnung.

„Liebe Deinen Nächsten, wie Dich selbst“ – was fällt Ihnen zu diesem Satz ein?
Da fallen mir auf jeden Fall meine Nachbarn ein, wenn man mal emotionale Hilfe braucht oder wenn’s einem nicht mal so gut geht zwecks Einkäufe oder sonst irgendwas. Da ist immer eine gute Adresse oder ein Ansprechpartner, wo man letzten Endes auch Hilfe bekommt. Und das ist irgendwie Nächstenliebe.

Welchen Satz würden Sie gerne einmal hören, den jemand zu Ihnen sagt?
Also ich würde mich mit Sicherheit darüber freuen, wenn einfach mal jemand zu mir sagt: „Hallo, ich find dich einfach toffte.“

Was machen Sie im Jordan Treff?
Ich komme hierhin zum Frühstücken.

Wie haben Sie den Jordan Treff kennengelernt und was bedeutet er Ihnen?
Den Jordan Treff habe ich kennengelernt über Bruder Klaus. Ich war früher schon da, als es an der Klosterpforte und neben der Kirche Frühstück gab, und nach dem Umbau komm ich jetzt in den Jordan Treff. Ich bin gerne hier.

„Liebe Deinen Nächsten, wie Dich selbst“ – was fällt Ihnen zu diesem Satz ein?
Liebe deinen Nächsten bedeutet für mich, dass ich Leuten helfe wie ich kann, mit meinen Mitteln. Und mich lieb ich auch: Ich bin, wie ich bin.

Welchen Satz würden Sie gerne einmal hören, den jemand zu Ihnen sagt?
Ich freu mich, wenn ich hier hin komme, über ein schönes „Guten Morgen“.

Ein Besuch im Jordan Treff

Begleiten Sie uns an einem Vormittag im Jordan Treff; begegnen Sie mit uns dort den Gästen und Mitarbeitern:
Es ist Dienstag, 7 Uhr. Gisela, Hildegard und Marcus bilden heute das Team der ehrenamtlichen Mitarbeiter, das für die Zubereitung des Frühstücks zuständig ist. Marcus hat schon einen großen Sack mit 100 frischen Brötchen bei einem Bäcker abgeholt, der sein Geschäft in der Nähe des Klosters hat. Diese Brötchen schenkt er uns jeden Morgen – eine große Hilfe für den Jordan Treff.
Die drei machen sich ans Werk und belegen die Brötchen, kochen Kaffee und stellen weitere gespendete Lebensmittel – wie zum Beispiel Joghurt oder Kartoffelsalat – bereit, damit diese verteilt werden können. Jeder Gast, der den Jordan Treff besucht, erhält eine Tüte mit drei belegten Brötchen und dazu Kaffee oder Tee so viel, wie er möchte. Um halb neun sind alle Vorbereitungen erledigt. Jetzt ist noch Zeit, selber eine Tasse Kaffee zu trinken, zu frühstücken und zu plaudern bevor um 9 Uhr die Tür des Jordan Treffs für die Gäste geöffnet wird.

In der Zwischenzeit haben sich ein paar Besucher vor dem Eingang versammelt. Schon seit halb acht sitzt dort Ulli. Bei ihm zu Hause ist nichts los, schlafen kann er auch nicht mehr, und deshalb geht er jeden Morgen etwas früher los. Vielleicht bekommt er vorweg einen Kaffee angeboten, um die Wartezeit zu verkürzen.
Kurz nach Ulli kommt Peter. Er klopft an die Tür und fragt nach dem Gartenschlauch, damit er die Blumen auf dem Kirchenvorplatz und den Rasen vor dem Jordan Treff wässern kann. Und wenn er schon mal dabei ist und auch einen Kaffee bekommt, dann nimmt er auch noch den Besen mit und fegt den Eingangsbereich. So sieht es richtig gut und ordentlich aus, wenn die anderen kommen.

Normalerweise gehört Pavel auch zu den ersten Wartenden. Er sucht sich jeden Abend einen Schlafplatz und freut sich auf die Stunde im Warmen und auf das Frühstück. Pavel ist jetzt schon fast drei Wochen nicht mehr gekommen. Jeder vermisst ihn und fragt, ob ihm etwas passiert ist oder ob er jetzt in einer anderen Stadt lebt.

Pünktlich um 9 Uhr wird die Tür geöffnet und die Gäste stellen sich geduldig für Brötchen und Kaffee an. Sie werden von Gisela, Hildegard und Marcus freundlich begrüßt und grüßen genauso freundlich zurück. Einige nehmen ihre Tüte und gehen sofort wieder. Geschlossene Räume sind nichts für sie. Da fühlen sie sich eingeengt. Dann lieber draußen auf der Bank sitzen, frühstücken, rauchen und reden. Andere halten sich gerne im Frühstücksraum auf. Da ist es warm, trocken und ruhig. Und dann gibt es auch die Gäste, die gerne ein persönliches Wort wechseln möchten. Marcus hört geduldig zu, wenn Alex von seinen Problemen mit den Ämtern redet und immer wieder Stress mit seinen Betreuern hat. Conny will eigentlich gar nicht unbedingt frühstücken, sie möchte gerne reden, nicht immer alleine sein und mal mit anderen Menschen lachen.

Es kommen viele Gäste, heute sind es 65 Personen. 20 Liter Kaffee sind ausgeschenkt. Klar, der Monat ist bald zu Ende und das Geld wird knapper. Da ist es ganz gut, wenn man irgendwo etwas an Ausgaben sparen kann.
Und jetzt ist es fast 10 Uhr, Zeit, langsam ans Schließen zu denken. Ingo bringt den angefallenen Abfall zum Müllcontainer. Er kommt nicht mehr so oft, weil er jetzt eine feste Arbeit hat, aber wenn er Zeit hat, schaut er auf einen Kaffee vorbei und hilft beim Aufräumen. Michael fegt noch schnell den Aufenthaltsraum und wischt die Tische ab. Und dann ist alles fertig und sauber, alle sind weg und haben das Gefühl: Der Tag hat gut angefangen.